DIE GESCHICHTE DER PFADFINDERBEWEGUNG

Der britische Armeegeneral Sir Robert Baden-Powell schrieb 1908 das Buch „Scouting for boys“. Er hatte die Überzeugung, etwas für die Jugend tun zu müssen, und wollte hiermit eine sinnvolle Beschäftigung und Orientierung anbieten. Das Buch traf wohl genau den Nerv der damaligen Jugend und war ein voller Erfolg. Rasend schnell gründeten sich zunächst in Großbritannien, dann im damaligen Britischen Empire und schließlich in fast allen anderen Nationen der Erde Pfadfindergruppen und Pfadfinderorganisationen. Seine Frau Olave betrieb bald danach auch die Gründung und Ausbreitung einer Pfadfinderinnenbewegung mit ähnlichem weltweiten Erfolg.
Von Anfang an setzte sich die Pfadfinderbewegung das Ziel der Völkerverständigung über alle politischen Grenzen hinweg. Dies findet bis heute seinen Ausdruck in den World Jamborees, großen Zeltlagen, die alle vier Jahre in einem anderen Land stattfinden und an denen Pfadfinder aller Länder teilnehmen. Schon 1922 wurde daher die Weltpfadfinderbewegung als länderübergreifende Dachorganisation gegründet.

DIE PFADFINDERBEWEGUNG IN DEUTSCHLAND

WIE ALLES ANFING

Die Ideen der Pfadfinderbewegung kamen 1909 durch den Arzt Alexander Lion auch nach Deutschland. Er prägte für das englische Wort „Scout“ die deutsche Übersetzung „Pfadfinder“. Während in allen anderen Ländern das britische „scoutistische“ Vorbild mehr oder weniger unverändert übernommen wurde, erfuhr die deutsche Pfadfinderbewegung einige wichtige Variationen.

Anders als in Großbritannien hatte es hier schon um 1900 eine erste Jugendbewegung gegeben, die Wandervögel. Sie gründeten sich aus einer Steglitzer Gymnasiastengruppe. Ihr Ziel war ein Entfliehen aus der Bevormundung der Bürgerlich-Elterlichen Welt in die Freiheit und Selbstbestimmung der Natur. Die Wandervögelgruppen formulierten keine weitreichenden Ziele für ihr Wirken in und auf die Gesellschaft, sondern beschränkten sich auf die Entwicklung und Pflege ihres Gruppenlebens und –gefühls. Die Wandervögel waren nicht so straff durchorganisiert wie die Pfadfinder. Sie kannten zwar eine „Bundestracht“, aber keine Uniformierung, wie sie die Pfadfinder von ihrem Gründer Baden-Powell, einem Armeegeneral übernommen hatten. Entscheidender Unterschied war aber, dass die Wandervögelgruppen von einem mehr oder weniger Gleichaltrigen geführt wurden, während die Pfadfindergruppen erwachsene Leiter hatten.

DIE „BÜNDISCHE PHASE“

Später in den 20er Jahren entwickelte sich daraus die „Bündische Jugend“. Sie übernahm organisatorische Formen der Pfadfinder, behielt aber das Prinzip der Führung durch möglichst Gleichaltrige bei und pflegte das gleiche Gruppengefühl. Große Leistung der bündischen Jugend und des Wandervogel sind ihr Liedgut und die starke Abmilderung des Scoutistischen Militarismus in der deutschen Pfadfinderbewegung. Nicht zu vergessen sind die für die deutsche Jugendbewegung typischen Schwarzzelte, die die bündische Jugend von Zelten aus Lappland ableitete.

Die wechselseitige Beeinflussung zwischen Wandervogel, Bündischer Jugend und Pfadfindern in Deutschland führte zu einer unüberschaubaren Vielfalt und Zersplitterung der deutschen Jugendbewegung bis heute.

VERBOTE IM DRITTEN REICH

Einen großen Einschnitt, fast sogar ein (vorläufiges) Ende in Geschichte und Entwicklung der deutschen Jugendbewegung insgesamt stellt die Zeit der Naziherrschaft von 1933 bis 1945 dar. Wir Pfadfinder haben heute noch damit zu kämpfen, in die Nähe der Hitler-Jugend gestellt zu werden. (Ähnlich ergeht es gegenwärtig auch Pfadfinderverbänden in Ostdeutschland, die wegen ihrer blauen Klufthemden mit der FDJ gleichgesetzt werden.)
Die Hitler-Jugend übernahm geschickt von den Pfadfindern attraktive Formen und Aktivitäten wie das Halstuch und das Klufthemd, Zeltlager und Geländespiele, nicht umgekehrt die Pfadfinder von der Hitler-Jugend! Dies diente nur dem Zweck, Interesse zu wecken und Mitglieder zu gewinnen. Die tatsächlichen Ziele waren möglichst frühe politische Indoktrination der Kinder und Jugendlichen im Sinne der NSDAP, Kontrolle über die heranwachsende Generation und Vormilitärische Erziehung für ihre weitere Frontverwendung in Hitlers Kriegen.

Ab 1933 wurden Zug um Zug alle freien Jugendorganisationen verboten. Die Jugend wurde bis spätestens 1938 gänzlich zur Mitgliedschaft in der HJ gezwungen und in den Nazi-Organisationen gleichgeschaltet. Sie wurde dadurch jeder Freiheit und Selbstbestimmung beraubt. Das mussten sehr schnell auch die Jugendführer feststellen, die ihren Gruppen in der trügerischen Hoffnung in die HJ gefolgt waren,  trotz allem dort weiter eine gewisse Eigenständigkeit bewahren zu können. Eine freie selbstbestimmte Entwicklung der Kinder und Jugendlichen hatte hier keinen Platz.

Ein Neuaufbau der Pfadfinder- und Jugendbewegung konnte in Deutschland 1945 nach der Befreiung zunächst auf örtlicher Ebene langsam wieder beginnen, so auch in unserem Verband der  DPSG.

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